Vom Blau sein im Greenland
Austroschwarz, Mwita Mataro & Helmut Karner (2025)
Anpassung und Ausgrenzung bedingen sich im Greenland gegenseitig. Die Blues, die eine deutliche Minderheit bilden, sind dazu angeleitet, sich durch das Eintauchen in einen grünen Farbtopf an die Mehrheitsgesellschaft der Greens anzupassen, um nicht weiter aufzufallen. Was zu Beginn von Austroschwarz als fantasievolle Geschichte verpackt erscheint, spiegelt die Realität vieler Schwarzer Österreicher*innen wider. In ihrem essayistischen Debüt-Dokumentarfilm verhandeln Mwita Mataro und Helmut Karner auf einzigartige Weise Fragen nach Schwarzer Identität, Heimat, Zugehörigkeit und Repräsentation.
Austroschwarz setzt nicht nur auf eine weitreichende Vielfalt innerhalb seiner Themen, sondern vor allem auf eine generationenübergreifende Bearbeitung eben dieser Inhalte. Der fantasievolle Blick durch die Augen sechs Schwarzer Kinder steht in einem ständigen Wechselspiel mit den Stimmen zahlreicher Schwarzer Expert*innen aus unterschiedlichen Disziplinen. Das sorgfältig ausgestattete, verspielte Kinder-Set bildet einen Gegenpol zu den institutionellen Settings, an denen Mataro mit Persönlichkeiten wie Journalistin Claudia Unterweger, Ärztin und Politikerin Mireille Ngosso oder Pädagoge Fred Ohenhen ins Gespräch kommt. Durch diese konsequente Gegenüberstellung und unterschiedliche Ausgestaltung macht der Film deutlich, dass Rassismus und Gewalt gegenüber Schwarzen Personen nicht nur das Schicksal Einzelner ist, sondern systematisch alle Generationen betrifft. Auch die sechs-jährigen Kinder verstehen schnell, dass die Abenteuer um Blue Kid eigentlich eine Geschichte von Rassismus und Ausgrenzung wiedergeben, die mit Fantasie recht wenig zu tun hat
Entlang der illustrierten Erzählung um den blauen Hauptcharakter im Greenland entfaltet sich auch Mwita Mataros eigene, ganz persönliche Geschichte. Die intimen Tagebuchaufnahmen, in denen der Salzburger Musiker sich mit Fragen seiner Identität als Schwarzer Österreicher beschäftigt, vermitteln durch ihre Camcorder-Ästhetik eine ganz spezielle Form der Unmittelbarkeit und Authentizität. Mataro verarbeitet darin nicht nur seine intimsten Gedanken, Vorstellungen einer gesellschaftlichen (weißen) Norm und seine Diagnose einer bipolaren Störung, sondern lässt uns als Publikum auch unmittelbar am Prozess seines Filmemachens teilhaben.
Im Zusammenspiel all dieser Elemente kreieren Mataro, Karner und ihr Team ein wahnsinnig wirkungsvolles Porträt Schwarzer Identität, das vom Versagen der weißen Mehrheitsgesellschaft erzählt, gleichzeitig aber auch Raum für Zusammenhalt eröffnet. Ihr Film handelt von persönlichen Erfahrungen und individuellen Schicksalen, will damit aber keinesfalls Mitleid erzeugen, sondern eindringlich Wissen vermitteln, Raum für Erinnerung schaffen und Schwarze Stimmen sichtbar machen. Austroschwarz leistet einen unglaublich wertvollen Beitrag zur Sammlung an Schwarzer österreichischer Geschichte und ist ein absolutes Pflichtprogramm für alle die in Österreich leben und darüber hinaus.